„Es reicht nicht, einfach nur ein offenes Ohr zu haben“

30. Mai 2023

Fachdienst Jugendarbeit/Kindertagesbetreuung gibt Interview zur Beteiligung Heranwachsender an Entscheidungen.

Seit etwa zwei Jahren verlangt der Gesetzgeber in Thüringen, dass Kinder und Jugendliche an kommunalen Entscheidungsprozessen zu beteiligen sind. Die Regelung des Paragraphen 26a Thüringer Kommunal­ordnung muss nun in die tägliche Praxis der Städte und Gemeinden integriert werden. Kürzlich fand aus diesem Grund in Altenburg der Jugendhilfefachtag statt (das Amtsblatt berichtete). Der zuständige Fachdienst Jugendarbeit/Kindertages­betreuung zieht dazu Bilanz. Im Interview stehen Marion Fischer, Fachdienstleiterin, und Sebastian Hübsch, Fachberater für Jugendarbeit, Rede und Antwort.

Wieso ist das Thema Beteiligung von Kindern und Jugendlichen gerade in aller Munde?
Zum einen, weil der Landesgesetzgeber fordert, jetzt die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in der jeweiligen Hauptsatzung zu verankern. Zum anderen, das erleben wir auch in der täglichen Arbeit, ist es nötig, Kinder und Jugendlichen von klein auf an demokratische Prozesse und Beteiligung heranzuführen. Es ist wichtig, dass Kinder es gewöhnt sind, mitentscheiden zu können, was ein konkretes Mittel gegen Demokratieverdrossenheit ist.

Kinder mitentscheiden lassen, da gibt es doch bestimmt Vorurteile, oder?
Ja. Ein Grund dafür ist oft, dass es falsche Vorstellungen gibt. Es geht ja nicht darum, ein Kinderparlament einzurichten, das dann über den Straßenbau befindet. Beteiligung heißt zum Beispiel gehört werden, etwa wenn es um die Gestaltung des öffentlichen Raumes geht. Gerade Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren brauchen im öffentlichen Raum Plätze und Orte, an denen sie sich treffen können.

Gab es bisher keine solche Beteiligung?
Doch zum Teil. Das Neue ist nun, dass es eine Vorgabe vom Freistaat gibt, die die Kommunen in die Pflicht nimmt. Deshalb haben wir unter anderem zum Jugendhilfefachtag eingeladen. Wir möchten die Kommunen dabei unterstützen, wie sie die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen organisieren können, damit es für alle Beteiligten
erfolgreich wird.

Nicht selten ist zu hören, dass es Angebote gibt, diese aber von den Heranwachsenden nicht angenommen werden.
Ja, auf kommunaler Ebene ist das aber häufig die Methodik der Erwachsenen, welche an den Bedürfnissen von jungen Menschen nicht immer anknüpfen. Denn denkt man andererseits etwa an die Vereine, ist es offensichtlich nicht so, dass sich die Kinder und Jugendlichen nicht beteiligen möchten. Welche Optionen es gibt, haben wir zum Fachtag besprochen.

Welche Empfehlungen für die Kommunen wurden herausgearbeitet?
Ganz wichtig ist die Kommunikation unter den Beteiligten. Das heißt, es braucht einen Erfahrungsaustausch auf Augenhöhe zwischen den Verwaltungen, kommunalpolitisch Aktiven, der Jugendarbeit, den Vereinen, Schulen und den Kindern und Jugendlichen. Einen Königsweg wird es dabei nicht geben. Letztlich muss immer vor Ort geschaut werden, welche Form sich eignet und von den Jugendlichen angenommen wird. Wichtig ist hierbei, kontinuierlich miteinander im Dialog zu stehen und konkrete Beteiligung bei Vorhaben zu ermöglichen. Und es gehört stets die Bereitschaft der Verantwortlichen dazu, Veränderungen zu zulassen und die Vorschläge der Kinder und Jugendlichen nicht nur zu hören, sondern auch anzunehmen.

Letzteres ist doch selbstverständlich, warum verweisen Sie darauf?
Weil gerade dieser Aspekt im Alltag nicht immer einfach umsetzbar ist und es dabei auch leicht zu Missverständnissen kommt. Beteiligungsverfahren bedürfen konkreter Planung und Herangehensweisen. Es reicht eben nicht, einfach nur ein offenes Ohr zu haben oder Fragebögen zu verteilen, sondern es bedarf eines klaren Auseinandersetzungsprozesses mit dem was junge Menschen für ihren Lebensort wollen. Gerade deshalb waren wir sehr froh, dass zu unserem Fachtag viele Vertreter der Kommunen, Verwaltungen und Kommunalpolitik gekommen sind.

Kinder und Jugendliche waren aber nicht zu der Veranstaltung geladen?
Nein, diese Auftaktveranstaltung richtete sich bewusst nur an Erwachsene, um die Kommunen bei der inhaltlichen Umsetzung des Gesetzes zu unterstützen. Jetzt werden zum Vertiefen des Themas drei Jugendmessen im Landkreis folgen, bei denen dann die jungen Menschen und ihre Interessen im Mittelpunkt stehen.


Jugendmessen im Landkreis

Junge Menschen und ihre Interessen

Teilhabe heißt mitreden können. Darum wird es in doppelter Hinsicht bei den Jugendmessen gehen. In Thüringen ist die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an kommunalen Entscheidungen vorgeschrieben. Was sich junge Menschen in ihrem Umfeld wünschen, wird bei den Jugendmessen von den Heranwachsenden gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertreter aus den Kommunen diskutiert.

Raum Schmölln, Nobitz, Gößnitz, VG Oberes Sprottental:
Donnerstag, 22. Juni 2023
10 bis 18 Uhr, Stadthalle Gößnitz

Raum Meuselwitz, Lucka, VG Rositz und VG Pleißenaue:
Dienstag, 27. Juni 2023
10 bis 18 Uhr, Schnaudertalhalle Meuselwitz

Stadtgebiet Altenburg:
Donnerstag, 29. Juni 2023
10 bis 18 Uhr, Music-Hall