„Wir arbeiten dafür, dass es den Airport auch in 30 Jahren noch gibt“

14. Juli 2022

Nobitz. Die über 100-jährige Geschichte des Flugplatzes Altenburg-Nobitz hat viele Facetten. Eine der jüngsten ist die zivile Nutzung des Geländes. Am 23. Juni 1992 wurde der Militärflugplatz feierlich übergeben. Im Interview spricht Dr. Frank Hartmann, Geschäftsführer der Flugplatz Altenburg-Nobitz GmbH, über die aktuelle Situation.

Dr. Frank Hartmann

Herr Dr. Hartmann, sind 30 Jahre zivile Nutzung ein Grund zum Feiern?
Frank Hartmann: Ich denke schon, ganz abgesehen davon, dass eine zivile Nutzung immer besser als eine militärische ist, steht die Flugplatz Altenburg-Nobitz GmbH gut da. Als ich vor etwa acht Jahren angefangen habe, hatte die Gesellschaft über eine Million Euro Schulden. 2021 waren die Verbindlichkeiten dann erstmalig bei null.

Dennoch ist der Flugplatz auf Zuschüsse angewiesen?
Richtig, wir benötigen pro Jahr noch etwas über 300.000 Euro Gesellschafterzuschüsse. Zum Vergleich: Fast alle deutschen Flughäfen, ausgenommen die ganz großen, bedürfen jährlicher Zuschüsse in ganz anderen Größenordnungen.

Findet denn seit dem Weggang von Ryanair 2011 noch Flugverkehr statt, wie finanziert sich der Flugplatz?
Natürlich gibt es nach wie vor Flugverkehr. Wir verzeichnen jährlich in Nobitz immerhin zwischen 8.000 und 10.000 Flugbewegungen. Neben den ortsan sässigen Sportfliegern und Fallschirmspringern sind das in der Regel Geschäftsflüge. Genutzt wird unser Platz zum Beispiel sehr häufig von Unternehmern, aber auch von Sportlern, Künstlern oder Politikern. In einer Welt, in der Zeit gleich Geld ist, können wir mit unseren Standortvorteilen punkten. Unser Flugplatz verfügt über ein Instrumentenlandesystem, kann also bei 95 Prozent der Wetterlagen angeflogen werden. Wir haben kein Nachtflugverbot. Unser hauptsächliches Einzugsgebiet ist der Raum zwischen Altenburg, Gera und Chemnitz. Nichtsdestotrotz sind die Landegebühren nur ein Teil der Finanzierung.

Was sind die anderen?
Ein großer Posten sind die Miet- und Pachteinnahmen. Praktisch alle Schelter, Hallen und Bunker sind vermietet, dazu kommt die Pacht aus dem Solarpark. Nicht zu vergessen die Einnahmen unserer Tankstelle. Rettungsdienste, Polizei und so weiter kommen gern und oft mit ihren Hubschraubern oder Flugzeugen zum Tanken zu uns. Darüber hinaus wird das Flugplatzgelände von einem Unternehmen für das Testen von Autos und autonomen Fahrerassistenzsystemen genutzt. Einen besonderen Stellenwert in den vergangenen zwei, drei Jahren war die Flächennutzung durch VW. Der Konzern hat bei uns unter anderem hunderte Fahrzeuge zwischengelagert.

Fehlt also nur noch eine Airline, die von hier aus wieder Urlaubsziele anfliegt?
Nicht unbedingt, ein kleiner Flugplatz wie unserer kann sich wegen der exorbitanten Kosten eigentlich keinen Linienverkehr mehr leisten. Zum Beispiel hatten wir zu Ryanair-Zeiten das vierfache an Mitarbeitern wie aktuell. Heute sind wir ein voll funktionsfähiger Industrieflughafen, offen für den allgemeinen Luftverkehr.

Apropos Zukunft, was muss in den kommenden Jahren gemacht werden?
Nicht mehr viel, wir haben den Investitionsplan abgearbeitet. In den vergangenen sechs Jahren wurden Investitionen von fast 2 Millionen Euro, teilweise vom Land mit gefördert, vorgenommen. In den Jahren 2020 und 2021 haben wir die Landebahn für über eine Million Euro saniert. Die laufenden Investitionen sind überwiegend nur noch Erhaltungsinvestitionen.

Sie zerschnitten am 15. Juni 1992 zur Übergabe des Flugplatzes für die zivile Nutzung symbolisch den Stacheldraht an der Niederleuptener Zufahrt zum Gelände: der damalige Thüringer Wirtschaftsminister, Jürgen Bohn (vorn links), der seinerzeit amtierende Landrat des Altenburger Landes, Christian Gumprecht (vorn rechts) und der vormalige Kommandant des Militärflugplatzes, Oberst Wassili Laszar. © Archiv

Vor Kurzem wurden drei Jahrzehnte zivile Nutzung gefeiert, wo sehen Sie den Flugplatz in 30 Jahren?
Das kann ich nicht sagen, aber das Flugplatzteam und ich arbeiten dafür, dass es den Airport in 30 Jahren noch gibt. Ich bin überzeugt, und die zurückliegenden Jahre bestätigen das, der Flugplatz hat als Industrieflugplatz große Chancen. Er ist zudem ein wichtiger Standortfaktor in einer strukturarmen Region und eröffnet Chancen für spezielle Ansiedlungen.

An was denken Sie?
Das Thema Testen sowie autonomes Fahren und Fliegen hat viel Zukunftspotential. Diesen Bereich wollen wir ja auch mit Fördermitteln weiter ausbauen. Das Technische Hilfswerk hat angekündigt ein Lager errichten zu wollen, das wäre das einzige mit direktem Flugplatzanschluss. Was sich daraus entwickelt ist heute ebenfalls nicht abzuschätzen. Überhaupt, in den vergangenen Jahren haben sich sehr oft aus einem Projekt weitere entwickelt, ohne dass das zuvor absehbar war.

Interview: Jörg Reuter