Landratsamt-Jubiläum: 120 Jahre Lindenaustraße 9

9. Juni 2015

Altenburg. Das Gebäude Lindenaustraße 9 in Altenburg, Sitz des Landratsamtes Altenburger Land, gehört zu den prächtigsten und historisch wertvollsten Gebäuden in der Stadt Altenburg und im gesamten Altenburger Land. In diesen Tagen feiert das imposante Gebäude seinen 120. Geburtstag.

Als Herzogliches Ministerial- und Landschaftsgebäude wurde das Haus zwischen 1892 und 1895 unter Leitung des Baudirektors Alfred Hermann Wanckel überwiegend im Stil der italienischen Hochrenaissance erbaut. Das Finanzministerium hatte zuvor das 4.000 Quadratmeter große Grundstück in der Altenburger Lindenaustraße vom Altenburger Fabrikant Georg Friedrich Hülsemann erworben. Die imposante Fassade der Vierflügelanlage besteht aus Granit- und Sandsteinquadern. Der dreieckige Giebel, in dem zwei Löwen das sächsische Wappen halten, wird von vier Säulen getragen.

Im Inneren des Hauses beeindrucken Lichthof, Landschaftssaal und Ratssaal Touristen als auch einheimische Besucher immer wieder aufs Neue. Regelmäßig wird das Gebäude heute für festliche Veranstaltungen genutzt und ist oft Kulisse für Filmdreharbeiten, zuletzt für den TV-Spielfilm „Käthe Kruse“.

Der am prächtigsten ausgestattete Raum ist der Landschaftssaal mit seinen Goldverzierungen. Schmückende Elemente des Saals sind die in halber Höhe angebrachten Städtewappen des Ostkreises und des Westkreises des früheren Herzogtums Sachsen-Altenburg, das große Landeswappen und das sächsische Rautenwappen. Im Landschaftssaal fanden die Sitzungen der „Landschaft“ statt, der Landesvertretung des Herzogtums, die sich aus 30 Abgeordneten zusammensetzte. Heute führt der Kreistag seine Sitzungen hier durch.

Den Mittelpunkt des mondänen Landratsamtsgebäudes jedoch bildet der wunderschöne Lichthof. Mit vielfach durchbrochenen und reich verzierten Wänden steigt er zu einer flachen Glaskuppel auf. Architektonisch reizvoll ist die offene Treppe, die in das darüber liegende Stockwerk führt. Einen besonderen Akzent setzt der farbenprächtige Fußboden. Im oberen Teil des Lichthofes sind die Bildnisse der einstigen Landesfürsten zu sehen, in deren Abfolge sich eine große Uhr einreiht, deren Schlag noch heute zu jeder viertel Stunde durch das Gebäude hallt.

Im ersten Obergeschoss befindet sich der Ratssaal, einst Sitzungszimmer des Ministeriums. Wände und Decke sind mit reinem, lasiertem Kiefernholz verkleidet. Fünf halbrunde, in die Wandverkleidung eingearbeitete Gemälde zeigen den Altenburger Markt, das Altenburger Schloss, den Schlosshof sowie das alte und das neue Hummelshainer Schloss. Der Saal führt hinaus auf einen Balkon, der sich über die gesamte Breite des Eingangsportals erstreckt.

Besichtigungen und Führungen
Führungen durch das historische Gebäude inklusive Besichtigung der Säle sind nach vorheriger Absprache unter der Telefonnummer 03447 586-163 möglich. Der Licht­hof kann zu den Öffnungszeiten des Landratsamtes besichtigt werden: Dienstag von 9 bis 18 Uhr und Donnerstag von 9 bis 16 Uhr.
 
Ausstellung im Lichthof
Anlässlich des 120-jährigen Bestehens des Gebäudes ist im Lichthof des Landratsamtes derzeit eine Ausstellung mit Fotos und den Bau betreffenden Dokumenten zu sehen. Ergänzt wird die Schau von künstlerischen Exponaten, welche die Mitarbeiter der Kreisverwaltung in ihrer Freizeit gestaltet haben. Zudem präsentiert das Studio Bildende Kunst des Lindenau-Museums ausgewählte Arbeiten seiner Kursteilnehmer: Architekturdetailzeichnungen vom Gebäude Lindenaustraße 9 sowie einige Porträtzeichnungen, die Studio­kinder unlängst von Landrätin Michaele Sojka angefertigt haben. Die Ausstellung, welche vom Fachdienst Bürgerservice und Kultur (Telefon: 03447 586-102) sowie dem Kreisarchiv (Telefon: 03447 586-150) organisiert wurde, kann noch bis zum 26. Juni 2015 besichtigt werden.

Die Historie des Gebäudes

  • 1892 bis 1895: Erbaut unter der Leitung von Alfred Hermann Wanckel. Landschaft und Ministerien sind in einem gemeinsamen Gebäude untergebracht.
  • 1918: Thronentsagung von Herzog Ernst II. Aus dem Herzogtum Sachsen-Altenburg wird ein Freistaat.
  • 1920: Vereinigung der sieben Thüringer Freistaaten. Das Altenburger Land verliert seine Stellung als eigenständiges Staatsgebilde.
  • 1922: Bildung des Landkreises Altenburg. Das Gebäude wird Sitz des Kreisamtes.
  • 1945: Ende des 2. Weltkrieges. Vom 14. April bis 30. Juni Sitz des amerikanischen Militärgouverneurs. Am 1. Juli wird die Zivilverwaltung des Kreises Altenburg von der Sowjetarmee übernommen. Die Kommandantur der sowjetischen Militär­administration beschlagnahmt das
    Gebäude.
  • 1950: Im April zieht der Kreisrat wieder in das Gebäude ein.
  • 1952: Bildung des Kreises Altenburg mit dem Rat des Kreises.
    Zuordnung zum Bezirk Leipzig.
  • 1990: Neuwahlen nach der politischen Wende. Das Gebäude wird Sitz des Landratsamtes Altenburg.
    Der Landkreis gehört wieder zu Thüringen.
  • 1994: Aus den Kreisen Altenburg und Schmölln entsteht der Landkreis Altenburger Land. Seitdem ist hier der Hauptsitz der Kreisverwaltung.
  • 1995: 100 Jahre Lindenaustraße 9

Schönes Haus im Altenburger Land
Ein Haus von Stein und Meisterhand
steht hier im Altenburger Land.
Es möge weiterhin besteh'n
zum Dienst für aller Wohlergeh'n.

Zu einer Zeit, da wir noch reich,
da hieß es: Bauen wir doch gleich
am Rand der Stadt für die Verwaltung
ein neues Haus mit Prachtentfaltung.

Der Meister Wanckel zeichnet vor,
was in drei Jahren wuchs empor
durch vieler Maurer Kraft und Schweiß
zu einem ganz soliden Preis.

Man wollte damals ja nicht dulden,
daß dieser Bau verursacht Schulden
und prüfte jede Position,
ob auch gerecht die Kondition?

Im Lichthof schauen von der Wand
Wettinerfürsten allerhand,
die einstens hierzuland regiert
und meistens gut das Volk geführt.

Der Landschaftssaal prangt farbenfroh
wie unsre Heimat ebenso.
Die Städtewappen melden stolz:
Wir sind vom guten rechten Holz.

Ein Haus von Stein und Meisterhand
steht hier im Altenburger Land.
Es möge weiterhin besteh'n
zum Dienst für aller Wohlergeh'n.

Wido Hertzsch,
Kreisheimatpfleger